ILLUSTRIERTE GESCHICHTE
 

 
     
 

JULIANA (1506-1580)

Gräfin Juliana von Stolberg auf ihrer Heimfahrt von Königstein nach Hanau
zu Graf Philipp II. von Hanau-Münzenberg, am 09.Juni 1523

 
     
 

Nachdem Gräfin Juliana von Stolberg schon eine 3 jährige Brautzeit auf Schloss Königstein bei ihrem Onkel Eberhard IV. von Eppstein-Königstein und seiner Gemahlin Katharina von Weinsberg verbrachte, wurde endlich die Hochzeit, die nach standesgemäßer Sitte im Haus des Bräutigams gefeiert wurde, für 14 Tage nach Pfingsten, den 09.Juni in Hanau festgelegt.

 

Dazu hat Graf Botho III. von Stolberg-Wernigerode durch den Rat Philipp Reiffenstein schon im Dezember 1522 eine Verzichtserklärung in zwei besonderen Urkunden ausarbeiten lassen.

 

Juliana leistete am 27.Januar auf Schloss Königstein und in Gegenwart ihrer Brüder und anderer Grafen feierlich Verzicht auf das väterliche Erbe der Grafschaft Stolberg und Wernigerode, als auch auf die Grafschaften Hanau und Münzenberg.

Es verbleibt ihr nur, was in der Eheberedung verschrieben wurde. Hierin nennt sie auch den Grafen Philipp zu Hanau ihren Herrn und siegelt die Urkunde.

 
         
   
         
  Jetzt konnten die Vorbereitungen für das große Fest in Königstein und Stolberg in Angriff genommen werden.

So schreibt Graf Philipp an seinen treuen Vormund, Graf Wilhelm von Nassau, „ könne er der geschwinden Läuft halber nicht selber kommen, so möge er doch wenigstens seine Gemahlin senden und diese Heimführung helfen vollenden, denn all mein Sach allein auf Euer Liebden steht“.

Wenn es angehe, möge er doch ein oder zwei Tage vorher kommen. Er sei mit Köchen nit wohl geschickt. Er möge ihm doch drei Köche leihen, der geschickteste davon solle der Meisterkoch sein. Er möge anschlagen, was man bei der Feier zu essen geben solle. Er möge auch etwas Wildbret besorgen, da er wegen der Hitze nicht viel vorher bestellen könne.

Auch Graf Philipp von Solms wird um einen Koch gebeten, ebenfalls um Silbergeschirr, da ihm dreissig oder mehr Becher fehlten.

Auch die Herren von Isenburg und Büdingen werden um Wildbret ersucht. Sie möchten ihre Waidleute Fleiß thun lassen etwas zu greifen. Er habe vergangenen Sommer Sauköpfe eingesalzen.

Die Bitte wird noch mehrfach an Freunde wiederholt.

Neben fürstlichen und gräflichen Gästen wurden auch Lehnesleute, Amtmänner und das Hofgesinde geladen, wobei gewünscht wird, dass das Hofgesinde und Amtleute in der Sommerkleidung erscheinen sollen.

 

Am 06. Juni meldet Graf Eberhard an den Bräutigam „gestern am abent ist die wolgeborn meine liebe swester (Gräfin Anna) von Stolberg zw mir komen; bring mit jre jren eldesten sone grave Wolfgang dhumprobst etc. vnd zwoe dochter. Darzw vier edell junffrawen, ein hofmeisterin vnd ein chameremagdt vnd dan zwen amptmenner vnd drei jungen vom adell; hatz zwsamen mit reissigen vnd wagen XXX pferde .

 

„Mein hawsfraw (Gräfin Katharina) wurt mit jre bringen das frewlin Schenckin von Erpach mit einer junffrawen. Sunst wurt sie mit meiner dochter, Ewer liebden gemaheln (Gräfin Juliana) zwsamen bringen vngeferlich vmb XXXV person, alzo, das ich vnser aller zwkunfft aus Konigstein acht vf LXXX (88) reissiger vnd wagenpferde vngeverlich, hiemit bittende, Ewer Liebden wolle mir thun anzceigen, wohien euch beduncken, das solich frawenvolck am besten zw faren habe“.

Die Zahl der anreisenden Gesellschaft wurde stets mit der Anzahl der nötigen Pferde angegeben.

 

Wie Graf Eberhard angibt, war „Ihre Tochter“ mit einer prächtigen Ausstattung  bedacht worden, u.a. waren die Gewänder mit Perlen, Edelsteinen und Borten gearbeitet, die man mit der weiteren Aussteuer auf der Frankfurter Messe eingekauft hatte.

 

Am 09. Juni verließ nun der prächtige Brautzug Schloss Königstein mit Rossen und Wagen in Richtung Hanau. Juliana trug ein Brautkleid „von güldenem Stück und Karmesin-Samt“, was allein schon 100 Goldgulden gekostet hatte !

Auf halber Strecke, bei Bergen, kam ihnen der Bräutigam mit Gefolge, u.a. die Grafen zu Isenburg-Büdingen,

Die Zahl der geladenen Gäste belief sich auf ca. 350 Personen. Hinzu kamen noch die Amtsleute, Hofgesinde, höhere Dienerschaft, teils auch noch mit eigener Bedienung.
 
         
         
         
 

Die Organisation der Unterbringung der Gäste samt Gefolge und Dienerschaft, Pferden und Wagen hatte der Bräutigam und seine Freunde, aber auch hauptsächlich Graf Wilhelm zu Nassau übernommen.

So schliefen Männer und Frauen separat zu zweit oder dritt in einer Kammer.

 

Graf Eberhard von Königstein schlief zusammen mit Graf Bernhard zu Solms und Graf Johann zu Isenburg in der sog. „andern Kammer“.

Graf Ludwig zu Stolberg schlief mit Graf Reinhard zu Solms „im Rollbettchen“.

Gräfin Anna von Stolberg, Brautmutter, schlief mit ihrer Schwägerin, Gräfin Katharina von Weinsberg in einer Kammer.

Jeweils in der Nähe waren die zugeordneten Kammerherrn und Kammerjungfrauen untergebracht. Meist war ein Bett mit zwei Personen belegt.

Die stolbergischen und königsteinischen reißigen Pferde fanden im vornehmsten Gasthof, dem Schwan ihren Stall. Die Wagenpferde in verschiedenen Scheuern.

 

Sehr genau waren dem adligen Hofgesinde, Edelknaben und Dienerschaft ihre Dienst-anweisungen gegeben worden, wie sie die Gäste in den Gasträumen und Schlafkammern mit Darreichungen von Schlaftrunk oder Suppen aufzuwarten hatten.

Das Gleiche galt für die Aufwartung an den unterschiedlichen Tischen, der Tafel oder der Ankündigung des Tanzes.

 

Ganz wichtig war der Posten beim Tresur (ein Gestell für Gläser, Tassen, Geschirr)und Silbergeschirr zu stehen, oder in der Brotkammer aufzupassen, aber auch im Herrenkeller auf den Wein zu achten.

 

Man unterschied dreierlei Tische: den Herrentisch, es gab acht, der Räte und Edelknaben, es gab zehn, sowie des gemeinen Haufens in der Hofstube.

 

Am Dienstag reichte man 3 Gänge auf den Herrentisch, zwei für den gemeinen Haufen.

Am Mittwoch reichte man 4 Gänge am Herrentisch und drei dem gemeinen Haufen.

Doch an beiden Abenden drei Gänge.

 

Wie sah die Tafel aus und was wurde gereicht?

 

Bei jedem dieser Gänge wurden die Speisen in der Reihenfolge der Größe aufgetragen und symmetrisch auf dem Tisch ausgestellt, so dass ein beeindruckendes Muster entstand.

Man servierte Hasen, Rebhuhn, Hähnchen mit Rüben oder Mandelsoße in zwei Farben, frischen Lachs, Hirschgebratenes, Spanferkel,

Fleisch in Aspik, Forelle und Rinderpastete, Hecht, Karpfen, Hummer. Hinzu kamen noch Pasteten, Gebäck und grüner Salat.

Beliebt waren auch Gerichte mit einem Pfau, wobei der Vogel in eine Pastete eingebacken und möglichst lebensecht mit vergoldetem Schnabel aufgetragen wurde.

 
         
   
         
  Erwähnt wird noch von einem Fisch- und Wildbretgericht auf dem See und hinterher von einer reichlichen Mahlzeit auf die Nacht von je 4 Gängen.

 

Über die Mengen der verzehrten Speisen ist wenig bekannt, man bestellt in Steinau, Wertheim und Massenheim ca. 4000 Krebse.

 

Aus der Ehe gingen 3 Söhne und 2 Töchter hervor.

Reinhard, der Erstgeborene, verstarb im Alter von einem Jahr und zwei Tagen.

Ihr 4. Kind, Reinhard, verstarb als Krieger in den Niederlanden, bei der Belagerung von Renty tödlich verwundet.

 

Graf Philipp, obwohl umgeben von Anhängern der Reformation, hielt die alten Kirchenbräuche aufrecht und vermied jeden Konflikt in Glaubensangelegenheiten.

 

Am Ostertag, den 28.März 1529, nachmittags, verstarb der erst 28 jährige Graf Philipp von Hanau und hinterließ die 23 jährige Gräfin Juliana mit ihren 3 Kindern, Katharina, Philipp III. und Reinhard.

 

Schon am Ostermontag wurde er zu Grabe getragen, mit Rücksicht auf die Gräfin, ohne Geläute.

Mit einem feierlichen Umzug in der Marienkirche und Vigilien wurde er still in die Gruft gesenkt.

Im Zuge folgte der Bruder, Graf Balthasar und Graf Ludwig, die Räte, Hofgesinde, Schultheiß und Schöffen von Hanau.

 

Am Osterdienstag wurde das 4. Kind geboren.

Bereits am nächsten Tag wurde das Kind ohne äußere Pracht von der Tante, Gräfin Katharina, aus der Taufe gehoben und erhielt den Namen der Mutter, Juliana.

 

Mit der zur Sicherung der hanauischen Regierung eingesetzten Vormundschaft verhandelte Juliana um ihr Wittum, ihre Prachtgewänder und Kleinodien längere Zeit.

 

Im September 1531 heiratet Juliana den Grafen Wilhelm von Nassau-Katzenelnbogen und lebt fortan auf Schloss Dillenburg.

 
         
   
         
  Im März 1534 schreibt sie an ihren Schwager Balthasar „sie wolle ihm ihre Hofmeisterin schicken, die Gewänder in Empfang zu nehmen. Er möge ihr, auf ihre Kosten, ein Pferd leihen“.

Am 30.März wurden ihr nach Absprache ein Teil der Kleinodien ausgeliefert, jedoch leistete Sie Verzicht auf einen anderen Teil gegen Zahlung von 1000 Gulden.

 

1537 fragt Graf Wilhelm von Nassau in Hanau „um Darleihung dieser Prunkstücke“ an. Dieselben sollen zu einer Feierlichkeit benutzt, aber nach dem „Hof“ wieder nach Hanau gesandt werden.

Hierbei ist auch von einem „goldenen oder Jungfrauenwagen mit rotdamastenen Decken“ die Rede.

„Die Laden sind rot gemalt und befindet sich daran das Schwarzburgische Wappen“.

 

Julianas Schwiegermutter war Katharina von Schwarzburg-Blankenburg und schon 1514 verstorben. Nach ihrem Tod war Graf Philipp II. Vollwaise.

 

Tatsächlich wurden die Prachtstücke aus dem Hanauischen Schatzgewölbe genommen und auf einem Wagen nach Siegen transportiert.

 

Aus der zweiten Ehe gingen 12 Kinder hervor.

Julianas Sohn Wilhelm zieht 1544 als Erbe seines Cousins René von Oranien für seine weitere Erziehung in die Niederlande.

1568 fällt ihr Sohn Adolf und 1574 fallen auf der Mookerheide die beiden Söhne Ludwig und Heinrich.

 

 

© Ellengard Jung

 

 

Literatur:

Reinildis van Ditzhuyzen, Deine getreuwe Muter allezeit,

E.Jacobs, Juliana