ILLUSTRIERTE GESCHICHTE
 

 
     
 

 

Die Dorfkirche in Schwenda

 
     
 

 
 
 

Mitten im unscheinbaren Dorf Schwenda im Südharz findet sich die kleine Dorfkirche St. Cyriaci und Nicolai. Sie ist ein achteckiger, von einer Kuppel mit Turmaufsatz gekrönter Zentralbau, dessen Äußeres sofort Assoziationen mit der Dresdner Frauenkirche hervorruft. Seit jeher hat der ungewöhnliche Bau die Phantasie der Betrachter angeregt und wurde Gegenstand von Vermutungen und Legenden.
 

Dies beginnt bereits bei der Entstehungsgeschichte des Gotteshauses, der auf eine Stiftung einer italienischen Adelsfamilie zurückzuführen sein soll. Angeblich sei diese im Jahre 1578 in der Nähe von Schwenda in ein furchtbares Gewitter geraten. Ein Blitzschlag kostete die Reisegesellschaft das Leben; einzig und allein ein Kleinkind überlebte – Mathilde Brilliperri. In christlicher Nächstenliebe nahm der Schwendaer Pfarrer Schaubius sich des Waisenkindes an. Erst 1590 kehrte sie in ihre Heimat zurück und hinterließ aus Dankbarkeit ein Vermächtnis zur Errichtung eines neuen Kirchengebäudes.
 

Ihr letzter Wille wurde allerdings erst 146 Jahre später verwirklicht: am 4. März 1736 wurde mit den Bauarbeiten an der Dorfkirche begonnen. Eine weitere Legende berichtet davon, dass die Pläne der Kirche aus der Feder von George Bähr, dem Baumeister der Dresdner Frauenkirche stammen und 1734 durch einen Fuhrmann nach Schwenda gebracht wurden.
 

Tatsächlich ist der Planer dieses Baus im Stolberger Hofrat Johann Friedrich Penther zu finden. Penther, Verfasser mehrerer Werke zur Baukunst, war verantwortlich für das herrschaftliche Bauwesen und damit auch für die Kirchengebäude. Selbstverständlich verschloss er sich den Strömungen der modernen Barockarchitektur nicht und ließ sich in seinem Denken auch von dem spektakulärsten Kirchenneubau dieser Tage, der Dresdner Frauenkirche, inspirieren.

 

Bereits die fast zeitgleich entstandene schlichte Bergmannskirche in Straßberg war ein Zentralbau. Diese Bauweise bietet gerade im evangelischen Kirchenbau unübersehbare Vorteile, weil im Zentrum des Gottesdienstes das Wort steht, welches auf allen Plätzen der Kirche gut zu hören sein muss.
 

Die Fertigstellung der Kirche im Jahre 1742 dürfte Penther allenfalls aus der Ferne beobachtet haben: Seit dem 1.10.1736 bis zu seinem Tod am 17.9.1749 wirkte er als Professor für Mathematik (Ökonomie) an der Universität Göttingen.
 

Die Ausmalung der Kuppeldecke ist neueren Datums und stammt vom bedeutenden halleschen Künstler Karl Völker. Sie zeigt im barocken Duktus die vier Erzengel und die vier Evangelisten, sowie das Auge Gottes im Scheitelpunkt der Kuppel.

 

Wie viel Wahrheitsgehalt in all den Legenden um die Schwendaer Dorfkirche enthalten ist, lässt sich nicht mehr überprüfen. Eines aber ist sicher: Der Bau legt Zeugnis ab von einer Blütezeit des Stolberger Grafenhauses, als sich Graf Christoph Friedrich mit hochgebildeten Männern in seinem Hofstaat umgab.